
29.02.2024: Napalm Death, Master, Primitive Man, Wormrot @ Heidelberg, halle02
Enemies of the music business
Alle Jahre wieder, zu Anfang des Jahres, zerlegen die britschen Grindgötter NAPALM DEATH mit Ihrer „Campaign for musical destruction“ heimische Hallen, unterstüzt von wechselnden musikalischen Gesinnungsgenossen. 2020 in Mannheim müsste das großartige Lineup mit EYEHATEGOD, MISERY INDEX und ROTTEN SOUND mein letztes Vor-Corona-Konzert (wie das ein paar Jahre später klingt…) gewesen sein, letztes Jahr in Heidelberg (leider verpasst) wurden die Jungs, damals mit sitzendem Barney mit Gipsbein, u.a. von SIBERIAN MEAT GRINDER begleitet… etwas schwächer im Gesamten. Und nun, zu Jahresbeginn hat man wieder ein sehr nettes Package geschürt, das kaum Wünsche, sondern nur eine Frage offen lässt: warum zur Hölle haben wir die Karten erst einen Tag vorher gekauft??? Da spielen sie wieder in der Heimatstadt, 25 Minuten zu Fuß… und wir übersehen es fast, unfassbar.
Den Anfang um Punkt 19:30 Uhr machen heute WORMROT – Grind aus Singapur. Denen ist unlängst der „Sänger“ abhanden gekommen und so hat man einen Live-Ersatz rekrutiert, Gabriel aus Argentinien. Zu dritt prügelt man sich basslos durch eine gute halbe Stunde… nur Gitarre, Drums und das starke infernalische Geschrei des Gastes aus Südamerika. Auf Platte (habe vier in der Sammlung stehen) ist das cool und auch live natürlich der passende Anheizer für den Headliner… möchte jetzt nicht behaupten, dass ich die Platten oder gar Songs jetzt groß auseinanderhalten könnte :-), aber auch ohne den gewissen Exotenbonus ist das stark gemachter Grind zwischen Überschall und Grooves mit ganz gelegentlichen Anflügen von… nee, Melodie wäre falsch, aber so ein bisschen Widerhaken und Hooks vielleicht. Cool.

PRIMITIVE MAN aus Denver, CO kannte ich nur vom Namen – Timo berichtet schlimmes: langsam und sehr anstrengend… gut, für Easy Listening ist heute sowieso kein Platz und langsam ist das Trio teilweise wirklich, aber der Track, den er gehört hat, deckte wohl nur einen Teil des Sounds ab: irgendwo zwischen Doom, Death (ab und zu steigt man schon aufs Gas), Sludge und Drone spinnen die drei einen sehr dichten Klangteppich – sperrig, unzugänglich und mit dem heftigen Gebrüll von Frontmann und Gitarrist Ethan schwieriger Stoff…. aber auch irgendwie cool, wofür auch das außergewöhnliche Stagesetting sorgt: Effektgeräte stehen in Koffern neben den Musikern auf Bauchhöhe und werden von Hand, statt mit dem Fuß bedient. Ob ich mir die Band zu Hause anhören würde? Weiß nicht, eher nicht wahrscheinlich… aber live hat die Dreiviertelstunde defintiv was.

An dritter Stelle wechselt man sich auf der Tour ab: die Amis PIG DESTROYER (noch nie gesehen) sind leider erst ab der zweiten Tourhälfte dabei… vielleicht wäre ihr sehr anstrengender Grind mit viel Lärm und Dissonanzen aber jetzt auch zu viel des Guten gewesen :-). Angekündigt waren nun zunächst BIERMÄCHT. Hä? Ja… das wären wohl die wiedervereinigten (?) Ami-Crossover-Thrasher WEHRMACHT gewesen, live firmierend unter dem Titel ihres zweiten Albums. Eventuell so nur in Deutschland… denn wer weiß vielleicht, was beim Originalnamen für Idioten angezogen worden wären? Aber da sie die Tour dann doch abgesagt haben, werden wir das wohl nie erfahren. Ist ja auch nicht so schlimm… WEHRMACHT sind Kult. Heißt: alte Band halt. Aber eigentlich auch nicht so wirklich gut.
Womit wir ein bisschen auch beim Ersatz wären, Paul Speckmann’s MASTER. Old School Death Metal, sehr puristisch. Wahnsinn und Respekt, dass die (bzw. Paul) seit mittlerweile 41 Jahren aktiv sind! Paul Speckmann steht vor Konzertbeginn bereits am Merchstand und vertickt die Shirts seiner Band selbst – scheint ein cooler Typ zu sein und auch der Gig seiner Band kommt gut an: Old School Death Metal wie gesagt, mal Midtempo, mal ein bisschen flotter, mal punkig. Unterhaltsam, aber die richtig geilen Songs fehlen hier in meinen Ohren schon immer ein bisschen… meins ist das nicht so ganz. Aber ehrlich: wer seit 1983 in dem Stil aktiv ist und immer noch auf Festivals und solchen Touren spielt… was soll den noch so eine Meinung eines einzelnen jucken? Da hat er dann wohl schon eine ganze Menge richtig gemacht in der Karriere!


Gut, und zum Abschluss dann NAPALM DEATH – die muss man nun nicht mehr vorstellen. Noch zwei Jahre länger aktiv und immer noch (und gerade zur heutigen Zeit) mit ordentlich Wut im Bauch, zerstören sie immer noch JEDE Club- oder Festival-Bühne. Leider muss Shane Embury heute (bzw. die Tour) aussetzen, den Bass hat ein Typ names Adam umgeschnallt, der ihn musikalisch, aber nicht als einen der beiden optischen Fixpunkte ersetzen kann. Frontmann Barney ist im Vergleich zur letzten Tour (s.o.) wieder voll genesen, tobt wie gewöhnt über die Bühne in seiner Mischung aus Ausdruckstanz und purem Wahnsinn, brüllt seine hochpolitischen Botschaften mit Nachdruck und Ernsthaftigkeit ins Auditorium… um zwischen den Songs der sympatischste Kumpeltyp überhaupt zu sein. Das ist das, was die Band auch im 43. Karrierejahr ausmacht: die sind nicht nur musikalisch hochklassig und live extrem unterhaltsam, sondern auch authentisch, echt, vertreten eine klare Meinung und zeigen Flagge. Vielleicht in den heutigen Zeiten wichtiger denn je. Immer und überall wieder großartig und unterstützenswert.
Fuck AfD!
Mark „Barney“ Greenway

Setlist:
- From Enslavement To Obliteration
- Taste The Poison
- Next On The List
- Contagion
- Rise Above
- Resentment Always Simmers
- That Curse Of Being In Thrall
- Amoral
- If The Truth Be Known
- Backlash Just Because
- Fuck The Factoid
- Suffer The Children
- Mass Appeal Madness
- Scum
- M.A.D.
- Success?
- You Suffer
- The Code Is Red… Long Live The Code
- Dead
- Nazi Punks Fuck Off (Dead Kennedys cover)
- Instinct Of Survival
- Contemptuous
Metal
Hard Rock
Rock
Grunge
Alternative
... und "All Things The Wildhearts"...

