
03.10.2016 – Konstantin Wecker @ Stadthalle, Heidelberg
Genug ist nicht genug!
Als Fany Kammerlander die Bühne betritt, stockt nahezu allen Anwesenden der Atem, auch den Lehrern – was für ein Kleid! Nur, wirklich wichtig wird das an diesem Abend nicht mehr sein und es wäre auch publizistisch unseriös eine begnadete Klassik-Cellistin mit Popnote auf ihr attraktives Äußeres zu reduzieren.

„Ich singe, weil ich ein Lied hab“ (nicht, weil ihr´s bei mir bestellt…) eröffnet der Star ohne Allüren sein fast dreistündiges Programm in, der an Bildungsbürgern gesegneten, Heidelberger Stadthalle. Und schon dieses frühe Fazit aus der Weckerschen Songschmiede, das Florett wird deutlich häufiger eingesetzt als der Säbel, macht das ganze Dilemma eines erfolgreichen „Liedermachers mit Tiefgang“ offenbar. Geht Weckers Kunst nicht nach Brot? Spielt er diesen Abend etwa für die Flüchtlinge? Wieviel kommerzieller Erfolg ist unschädlich und wo ist die Grenze zwischen Kunst und Kommerz? Wir werden es nicht erfahren, fürchte ich. Was wir aber erfahren und erleben dürfen, ist ein standhafter Konstantin Wecker, ein aufrechter, der selbst so ein „Willy“ ist wie er ihn einst besungen hat. Ein Suchender und, ja auch ein Irrender, doch die waren schon immer wesentlicher als all die Mitläufer. Will sagen, der mit dem Fahrrad in den Bundestag fahrende Grünen-Fundi-Abgeordnete ist authentischer als eine gewesene Audi-A6-Umweltministerin gleicher coleur. Haltung siegt über Pose, so ist das auch bei Konstantin Wecker.

Den Niederungen der Vergangenheit schon länger entstiegen, von Koketterie keine Spur, lässt uns der Protagonist des Abends, geradezu prosaisch an seinem Weltbild teilhaben. Revolution! schmettert er mehrfach ins wenig revolutionäre „Cordhosen-Publikum“, führt seine Songs auf und führt sie dem Publikum vor, der Realo ertappt sich beim Zustimmen. Ja, vieles kann man auch mal so sehen, trotz aller Sachzwänge.
Dass uns Konstantin Wecker und seine fantastische Band, (allen voran Jo Barnikel und Fany Kammerlander) im wahrsten Sinne des Wortes auf eine fast dreistündige Gedankenreise (mit Teilerkenntnissen) entführen, verwundert eigentlich weniger. Dass der Quasi-Entertainer mit einer Popappael-Polonaise durchs Publikum flaniert, wundert den abgewichsten Blues-Rocker. Großartig. Genau wie all die Dinge, die Wecker laut denkt. Wenn sie nur realistisch wären.

Blues
Alt. Country
Jam Rock
Psychedelic
Classic Rock (70's)
Indie
Songwriter
... und "All Things Rolling Stones"...

