Festivals 2014

Finkenbach Festival 2014 – 15. + 16.08.2014, Finkenbach

Der Himmel über Finkenbach

Wenn’s stimmt, das Gott katholisch ist, wie Marius einst räsonierte, dann ist das sein ausgeklügelter Feldzug gegen die vermeintliche Hippie-Freakness im Allgemeinen und eine schwere Attacke auf die Synapsen im Besonderen. Maria Himmelfahrt im Odenwald, 15. August – Temperatur wie am 15. November. Der Himmel schickt gigantische Blitze auf das Festivalgelände, Donnergrollen, die Bäume biegen sich bedrohlich. Willy hat ’ne Reservejacke dabei, Glück muss der Rockfan haben. So schön das Festivalgelde auch sein mag, die Anatomie des Schauplatzes lässt Übles erahnen. Von drei Seiten Gefälle, schwerer Boden, Bedingungen wie weiland bei der Frankfurter Wasserschlacht Deutschland–Polen. Die Protagonisten sind freilich andere.

Drei Dutzend unentwegte verirren sich zur Krautlegende Faust, davon teilen sich die Hälfte zwei Reklameschirme, der Rest versinkt knöcheltief im Morast. Da kann es regnen wie es will, ein Bier muss drin sein. Am Stand ist nichts los, dafür geht auf der Bühne ungeheuer die Post ab.

Avantgardistische Klangkaskaden, die ich nicht unbedingt mit dem Synonym „Musik“ belegen würde. Welch ein Fanal des drohenden Untergangs, ein Doppeldrumset mit einem Beat einer abgetakelten Fabrikhalle, dazu kreischen Flex und Bass. Metallischer Maschinengroove, heulende Sirenen, tautologische Percussion, meine Güte, ist das schräg. Oder kapiere ich die Mugge nur nicht? In Äonen (dann wenn wir alle gleich alt sind) wird sich die wahre Strahlkraft erweisen. Gegenwärtig ist Urfaust und Mastermind Werner Diermeier ganz bei sich, ich bin am Bierstand und bitte um Erlösung. Enough is enough. Also sprach Zarathustra …

Es ist ein Wunder, vor der Bühne wird es voll und voller, keine Ahnung wo die auf einmal alle herkommen? The Brew werden hoch gewettet und sind auch der eigentliche Grund unserer Anwesenheit. Inzwischen kapituliere ich vor dem Regen und lasse es zu, dass mir das Wasser in die Schuhe rinnt. Die Kälte kriecht fies die Beine hoch. The Brew heizen ungeheuer ein. Die Epigonen des Brit-Blues, im klassischen Trioanzug. Eine Quersumme aus Zep, Atomic Rooster, TYA, die Performance gleicht The Who.

Mit beeindruckender Leichtigkeit und Coolness zelebriert Youngster Jason Barwick die Klampfe, inkl. aller denkbaren und undenkbaren Mätzchen, Gitarrensolo hinterm Kopf, raus mit dem Geigenbogen, wah-wah, Feedback, Roger-Daltrey- Sprünge, schamlos sexueller Gestus im Stile eines Jimmy Page. Die kannst du dir merken, klasse Band. Es reicht für zwei Scheiben. Beim Schlange stehen am Merchstand wird der Schreiber seiner letzten Nach-Altamont-Illusion beraubt: Hippies, oder die, die sich dafür halten, sind auch nur stinknormale Typen. Da stehen sie in Ihren Latzhosen und gelben Gummistiefeln, lauter kleine Ich-AGs und drängeln was das Zeug hält. Müsst ihr noch in ’n Supermarkt, oder was? Mir ist das zu blöd, ab an den Bierstand.

Die Ulmer Ethno-Bande Kraan um Chef und Gründer Hellmut Hattler verwechseln Souveränität mit Größenwahn. Eine über Gebühr strapazierte Umbaupause, die vorrangig genutzt wird um das Bandlogo aufzuspannen, verlangt der frierenden und nicht zu vergessen auch der zahlenden Kundschaft, alles ab. Ein kleiner Jahrmarkt der Soundeitelkeiten. Und so neu ist der funky Mix aus Jazz/Ethno/Rock/Reggae nun auch wieder nicht.

Perfekt in Szene gesetzt, kein Frage, aber auch elitär, blasiert und etwas eitel. Von Experimentierfreude keine Spur. Über allen/m wabert der Bass. „Holiday am Martyrhorn“. Genug ist …

Für die Bröselmaschine reicht die Kraft nicht mehr aus, die Klamotten befinden sich in Auflösung, Finkenbach erlebt einen der kältesten Winter während eines Sommers – frei nach E. Hemingway.

Finki ’14 bleibt das bis dato einzige Festival (mit Ausnahme eines lauen Jethro-Tull -Gigs) bei dem ich vorab das Handtuchwarf.

Dennoch: eine lohnenswerte Veranstaltung, bei der u. a. auch die legendären Pretty Things in die Saiten droschen, für Einwohner ohne jegliche Eintrittskosten. Bei Faust darf man das als Schmerzensgeld annehmen, bei The Brew durchaus als Gratifikation begreifen. Finki in 2015. Bestimmt.

Blues
Alt. Country
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Psychedelic
Classic Rock (70's)
Indie
Songwriter

... und "All Things Rolling Stones"...

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