
10.06.2023: Chris Stapleton’s All-American Roadshow @ Xfinity Center, Mansfield MA
Die Reproduktion der Musikszene in Deutschland hievt Kunstprodukte wie, z.B., eine Helene Fischer ins Rampenlicht und auf die Titelseiten der Fernsehzeitschriften. Ganz anders in den USA, was auch daran liegen mag, dass im Land von „Hope & Glory“ der Ursprung jeglicher Populärmusik zu finden ist.
Dass auch jenseits des Atlantiks eine gigantische Marketingmaschinerie angeworfen wird, geschenkt, Business as usual. Die „Resultate“ sind freilich ganz andere, Taylor Swift oder eben Chris Stapleton, nicht Mark Forster oder Helene. Ein Glück!
Die Anfahrt auf das Open-Air-Gelände in Massachusettes gestaltet sich erst etwas hakelig, nachdem wir die Logik der verschiedenen Fahrspuren in die Parkplätze antizipiert haben, ist diese doch wunderbar geregelt. Wir swingen den Leih-Japaner in Parking Lot 11 (!) ein, vorwärts, was nicht anders gestattet ist (sehr wahrscheinlich State Law, oder was auch immer) und später noch eine maßgebliche Rolle spielen wird.
Aus den Kofferräumen der SUVs (vorrangig, Ricarda!) erblicken Grills aller denkbaren Größen und Preisklassen das Licht des Geländes. Auf den formidablen Support von „The War & Treaty“ (hatten wir gar nicht mal so gut abgespeichert, sind uns schon einmal in Telluride über den Weg gelaufen)

und Charley Crockett (der außergewöhnlich komponierte und arrangierte Country-Songs abliefert),

verzichten die Amis. Nach Security-Check am Einlass und dem konsequenten Einlaufen an den erstbesten Getränkestand leuchtet uns ein, warum: Beer 14 $ and up, selbst am Merchstand, der immerhin mit klaren Zugangsregeln und überteuerten Shirts glänzt, ist so gar nichts los.
Zu den beiden Support-Acts der „All-American Roadshow“ nur so viel: Eine intensivere Beschäftigung steht auf dem Zettel, zumindest auf meinem…😊
Das Open-Air-Gelände ist bis auf den letzten Platz ausverkauft, hier tummelt sich die weiße amerikanische Mittelschicht (ja, die existiert tatsächlich) aller Altersklassen, präpotente Countrygören, Beamte, Menschen die es irgendwie geschafft haben oder das zumindest glauben und dem fragilen Zukunftsentwurf vertrauen, und wartet auf die Inkarnation exakt dieses Entwurfs. Nahezu pünktlich startet eine Show, die zwei Stunden den „American Way of Life“ in den Mittelpunkt stellt, Freiheit, Highway-Romantik, auch wenn mutmaßlich kaum jemand aus dem Auditorium auch nur auf dem Beifahrersitz eines Trucks gesessen haben dürfte. Das vermeintliche Outlaw-Image kommt hier aus der Mitte der Gesellschafft, bei uns würden sich bestenfalls ein paar Freaknesspunkte erzielen lassen, für mehr ist Stapleton „viel zu normal…“
Die Arrangements sind treffsicher, (oder möglicherweise sogar smarter als die eines Hayes Carll oder Ryan Bingham, der ja immerhin Grammy-prämiert ist) und bedienen fast ein Mainstream-Publikum, das in den USA relevant und in Deutschland noch nicht einmal mehr existent ist. Florian meint, zumindest in Übersee könnte Stapleton, was die Relevanz betrifft (nicht die Musik), in die Fussstapfen des Boss treten. Ja, könnte sein, zumindest sagt das schon mal sehr viel über die Qualität des denkwürdigen Abends aus.
Die achtköpfige Band liefert grandiosen Alternative Country / Classic-Country Rock, einzig die zwei Blues-/Rocknummern fallen etwas ab. Das Chris Stapleton im ersten Drittel der Show einen mutmaßlich pöbelnden und ignoranten „Fan“ aus der Arena rauswirft, stört nach Neustart des Songs so wenig, wie uns die musikalische Relevanz der Ehefrau, die vor der Zugabe eine glaubhafte Liebeserklärung von Mastermind Chris erhält, wundert. Ist ja auch fast egal.

Überraschender ist, dass Country- Ikone Chris sich bei einigen Songs in veritable Feedback-Orgien steigert, völlig losgelöst vom Moment oder sich genau diesem hingebend.
Nach der erwartbaren Zugabe „Tennessee Whiskey“ strömt das Publikum Richtung Parking Lot (auch 11 😊) wir bleiben, so viel steht fest.
Was sich „auszahlt:“ tatsächlich kommt die Band für zwei Songs zu ihrem Publikum zurück, das sich längst von seinen Plätzen erhoben hat.

„Broken Halos that used to shine“, textet Chris, wer könnte das nicht verstehen, wer könnte das nicht begreifen. So weit weg von Classic-Country.
Auf dem Parkplatz startet dann das organisierte Chaos mit Disziplin ohne Hupkonzert und wilder Gestikulierung und ja, das ist eben auch Amerika.
Blues
Alt. Country
Jam Rock
Psychedelic
Classic Rock (70's)
Indie
Songwriter
... und "All Things Rolling Stones"...


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